Berauschende Stimmung in der andächtig beleuchteten Auferstehungskirche am Kurpark in Bad Oeynhausen: Das Kirchenschiff tobt, ein Applaus jagt den nächsten, Bravo-Rufe branden auf. Herzliches Lachen wechselt mit feierlicher Stille. Wer hätte erwartet, dass zwei Menschen mit ihrer Musik und ihren Worten die Herzen der Zuhörer auf so außergewöhnliche Weise bereichern würden?
Nun, wer das Duo „2Flügel“ kennt und sie gar im Kirchenkreis Vlotho zuvor schon einmal erlebt hat, der durfte sich auf einen besonderen Abend freuen: Die Vorpremiere des neuen Programms „Goldzwanziger“.
Wer bis dato den Pianisten Dr. Benjamin Seipel und die Schriftstellerin Christina Brudereck nicht kannte, der erlebte bei diesem Konzert: Hier ist das Ganze weit mehr als die Summe seiner Teile. Denn hier verweben sich Musik und Lesung zu einem Feuerwerk an Lebenslust, betrachtet durch das feine Brennglas eines vertrauensvollen, christlichen Menschenbildes.
Aufbruch in der Kultur
Mit „Goldzwanziger“ präsentierte das Duo einen Streifzug durch das pralle Leben der 1920er Jahre: Aufbruch in Kunst und Kultur, Umbruch in der Politik und Wirtschaftskrise. Erfindungen, Entdeckungen, Entgleisungen. Christina Brudereck fand Worte über Charlie Chaplin, Albert Einstein und Friedrich Ebert, über die Erfindung von Penizillin und Tempo-Taschentuch, Charleston und Bubikopf.
In ihren prägnanten Miniaturen beschwor sie eine Epoche, deren Glanz und Skandalgeruch noch lange nachhallte. Mal augenzwinkernd, mal mahnend. Dann wiederum so humorvoll, dass Tränen gelacht wurden: Denn wer schafft schon einen literarischen Spagat zwischen Frauenwahlrecht vor 100 Jahren und dem Dilemma aus Faltenstress und Fettpölsterchen einer Midagerin heutiger Zeit? Christina Brudereck konnte das. Mit einer kräftigen Prise Selbstironie („Über 50 kann man immer noch eine Menge Blödsinn machen – nur langsamer!“) und mit liebevollem Blick auf ihren Herzensmenschen am Piano.
Ben, so nennt sie Dr. Benjamin Seipel, den Dozenten an der Hochschule in Köln, den Mann, der ihre Worte in Musik kleidet. Der die Comedian Harmonists covert und Marlene Dietrich imitiert. Und der ihren Zeit- und Gedankensprüngen mit virtuoser Improvisation zur Seite steht, von Bach bis Bourani. „Du bist so toll“, flüstert sie ihm zu.
Ungeheuer dicht ist dieses Seite-an-Seite aus Musik, Gesang und Wortspiel. Christina Brudereck erinnert an Charlie Chaplin, die Dreigroschenoper, das Grammophon und den ersten Wetterbericht. In einem Feuerwerk aus Sprachkunst, echtem Humor und kleinen literarischen Seitenhieben.